Hilfe, ein Gespenst geht um – Old MacD geistert durch Brackenheim!

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Es ist wie eine Heimsuchung. Der Brackenheimer Gemeinderat plagt sich mit MacD. Alt ist er geworden, der König des Fastfoods. Die einst goldene Pappkrone wackelt auf dem schütteren Haupt. Der Rückhalt seiner Untertanen schwindet landauf, landab. Längst versucht er, der einst unbestrittene Herrscher der Metropolen, seine Pfründe in der Provinz zu sichern. Hier, ohne die Konkurrenz seiner Widersacher wie „Vapiano“ oder „Hans im Glück“, darf er jenseits des Speckgürtels der Großstädte noch den Jubel einer begeisterten Anhängerschaft erwarten. Nach gastronomisch mageren Jahren und einer dort noch immer währenden Vernachlässigung der Jugendkultur muss doch die Aussicht auf weichen Brotersatz und gesalzene Kartoffelschnitze kredenzt mit Zuckerwasser und Plastikbesteck auf Packpapier geradezu paradiesisch erscheinen.

Und die Rechnung geht scheinbar auf. Old MacD wird begehrt. Welch‘ Ehre seinem Königreich anzugehören und  sich im Schein seiner Krone zu sonnen.  MacD wählt Brackenheim als Unterzentrum des Zabergäus –  dank seines Ruhms wird die Steuer wie ein Geldregen auf uns niederprasseln. Unsere Jugendlichen freuen sich über eine WLan-Zone und nehmen Junkfood in Kauf, Familien machen sonntags einen Ausflug zum HappyMeal in die Brackenheimer Erlebnisgastronomie, Geschäftsleute wissen endlich, wo sie preiswert zu Mittag essen können. Ein Traum, MacD lässt Brackenheim aus seinem Dornröschenschlaf erwachen und erkennen, wer die wahre Perle des Unterlandes ist.

Ach, wie schön könnte es doch für die Stadtoberen und manchen Gemeinderat sein, wenn es da nicht ein kleines Grüppchen gäbe, das die ganze Stimmung versaut!

Bürger gegen Burger – eine Interessengemeinschaft, die unterschiedliche Interessen vertritt, die sich gegen Müll, Krach, Ernährungsignoranz und unlauteres Geschäftsgebaren verwahrt und im Schulterschluss signalisiert: Old MacD, deine Zeit ist vorbei, du bist hier nicht willkommen.

Sie protestieren, sie sammeln Unterschriften, sie leisten Überzeugungsarbeit in unzähligen Gesprächen – und sie rufen die Medien auf den Plan, die mehr oder weniger seriös über MacD und seine Odyssee nach Brackenheim berichten.

Im Stadtrat beginnen die Säbel zu rasseln, schließlich ist in wenigen Wochen Kommunalwahl und man möchte sich öffentlich weder eindeutig für oder gegen MacD  entscheiden. Wer weiß denn, was jetzt richtig ist? So fordern die einen genaue Informationen, die anderen einen Bürgerentscheid.

Und was meine ich?

Ich höre und staune.

Nein, meine verehrten KollegInnen aus dem Gemeinderat: Hier geht es nicht um die bloße Konkurrenz von Weltanschauungen, wir reden nicht über „schmeckt/schmeckt mir nicht“. Wir reden auch nicht über die Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu gesunder Ernährung. Und ebenso wenig über die  Freiheit, ein solches Restaurant zu besuchen oder es einfach zu lassen. Und schon gar nicht über unternehmerische Freiheit und die Willkür einiger Ignoranten, die die Welt verbessern und allen anderen den Spaß verderben wollen.

Wir Gemeinderäte reden über Beschlüsse, die wir gemeinsam verfasst haben. Über einen Stadtentwicklungsplan, den wir gemeinsam erarbeitet haben, über ein Leitbild, das wir nach und nach mit geeigneten Maßnahmen mit Leben füllen wollen. Dem wir verpflichtet sind.

Erinnern Sie sich an die Alleinstellungsmerkmale, die wir für unsere Stadt erreichen wollen?

Brackenheim ist eine kinder- und jugendfreundliche Stadt. In Bildung und Betreuung investiert Brackenheim viel Geld. Der Schulstandort in der Kernstadt wird durch eine Mensa gestärkt. Die Kommune subventioniert nicht nur die Bildungseinrichtungen, sondern auch die Mensa, indem sie das Engagement der Ehrenamtlichen angemessen vergütet und sich an den Essenspreisen  beteiligt, im Falle finanziell schlechter gestellter Familien sogar ein Großteil der Kosten übernimmt.

Unsere Weinlandschaft ist  wichtiger Wirtschaftsfaktor. Unsere touristische Bedeutung wollen wir weiter stärken, z.B. durch ein ansprechendes gastronomisches Angebot und die Aufwertung des Brackenheimer Schlosses als touristischer Anziehungspunkt.

Brackenheim ist klimafreundlich. Zum nachhaltigen Umgang mit unserer Umwelt fühlen wir uns verpflichtet. In Zusammenarbeit mit der Uni Hohenheim haben wir die Aktion Klimaklar initiiert und gerade eben beschlossen, die Finanzierung eines Energieberaters für unsere Bürgerschaft beim Land zu beantragen. Jährlich schwärmen Kinder und Erwachsene aus verschiedenen Vereinen aus, um am Tag des „Sauberhaften Brackenheim“, Straßen, Wiesen und Bachläufe von Müll und Unrat zu befreien.

Und ja, auch, wenn es viel zu wenig beachtet wird, Brackenheim ist auch ein Standort mit reger Wirtschaftstätigkeit, wobei die Bedeutung vieler mittelständischer Betriebe im Gemeinderat kaum wahrgenommen wird. Die Unterstützung des innerörtlichen Handels ist großes Anliegen, ein positiver  Einfluss eines Fastfoodrestaurants auf die Belebung der Innenstadt allerdings in keiner Weise nachgewiesen.

Soweit zu unseren Zielen – diesen sind wir verpflichtet – und das nicht nur theoretisch.

Orientiere ich mich an unserem Leitbild, das ich als Gemeinderätin selbst miterarbeitet habe, kann es nur eine Entscheidung geben.

König MacD kann sein Schloss nicht auf städtischem Grund errichten, weil er unseren Zielvorstellungen für Brackenheim nicht entspricht. Was er bieten kann, ist nicht gut genug, zumindest nicht für ein Brackenheim, wie wir es gemeinsam entworfen haben.

Aber vielleicht ist es mit MacD wie mit vielen Trugbildern, die einen verfolgen. Ein Gespenst bleibt ein Gespenst. Es schlurft durch unsere Stadt, klopft an unsere Türen, lässt seine Ketten knallen und puff – bei Tageslicht betrachtet, löst es sich auf in wabernde Schwaden. Als Erinnerung bleibt – wie ein schlechter Nachgeschmack – eine Mahnung: um wirklich familienorientiert, wirklich wirtschaftsorientiert, wirklich klimaorientiert zu sein, ist es noch ein weiter Weg. Lassen wir uns von dem Gespenst  MacD nicht aufhalten.

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3 comments

  1. Robby Berner sagt:

    Hallo Frau Reese
    Ich war am 8.5 erneut auf der Gemeinderatssitzung und wurde einmal mehr von unserem Bürgermeister enttäuscht, der – vielleicht lag es an der Anwesenheit vieler Lehrer wegen eines anderen Themas – ein wenig oberlehrerhaft auftrat und unter anderem darauf hinwies, man sollte sich doch mal den Stadtentwicklungsplan genau durchlesen.
    Mir scheint, er fordert dies von den Bürgern, hat es aber selbst nicht in ausreichendem Maße getan. Denn dann wäre er zwangsläufig zum gleichen Ergebnis gekommen wie Sie und mehrere Tausend Brackenheimer Bürger: Ein McDonalds tut Brackenheim nicht gut.
    Damit es aber nur bei einer gespenstischen Erscheinung bleibt, bedarf es der weiterhin der gemeinsamen Anstrengung aufgeklärter und engagierter Bürger, die ohne Scheuklappen an einer echten Weiterentwicklung Brackenheims interessiert sind.

    Ein Dankeschön an Sie und Herrn Sansi. Ihre Redebeiträge waren eine Wohltat an diesem Abend. Ich hoffe, dass dies auch bei anderen Bürgern auf fruchtbaren Boden trifft.

  2. U.Pfeiffer sagt:

    Sehr geehrte Frau Reese,
    schöne Verpackung & gute Ansätze für dieses Thema – Danke!

    🙂

    • David Sansi sagt:

      Liebe Frau Reese,

      ihr Beitrag ist eine wahre Wohltat und Erlösung nach all dem was wir die letzten Tage und Wochen zu diesem Thema lesen, hören und sehen durften/mussten!

      Vielen Dank dafür!

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