unechte Teilortswahl – kumulieren -panaschieren – Sitzverteilung usw. usw.
Sitzung am 28.02.2013 GR Vorlage Nr.: 013/2013 GR
öffentlich Hauptamt
Unechte Teilortswahl
In Brackenheim wird bei der Gemeinderatswahl das System der ”unechten Teilortswahl angewendet. Im Rahmen der unechten Teilortswahl wird das Wahlgebiet Brackenheims in acht Wohnbezirke aufgeteilt und für jeden Wohnbezirk, entsprechend der jeweiligen Einwohnerzahl, eine festgeschriebene Anzahl von Vertreter(innen) garantiert.
Die Wahlvorschläge der verschiedenen Parteien/Wählervereinigungen werden nach den Wohnbezirken getrennt aufgestellt. Die Bewerber sind demnach auch auf den Stimmzetteln nach den einzelnen Wohnbezirken sortiert.
Dabei hat jeder Wahlberechtigte das Recht, Kandidaten aus jedem Wohnbezirk zu wählen.
Da folglich nicht nur die Wahlberechtigten des jeweiligen Wohnbezirks ”ihre“ Vertreter für den Gemeinderat wählen, sondern alle Wahlberechtigten alle Bewerber(innen) aller Wohnbezirke wählen können, wird dieses Verfahren auch als ”unecht” bezeichnet.
Vor der Gemeindegebietsreform hatte die unechte Teilortswahl in BadenWürttemberg keine große Bedeutung. Von der Möglichkeit der Einführung dieses Wahlsystems machten zahlreiche Kommunen jedoch in diesen stürmischen Zeiten Gebrauch, um eine angemessene Vertretung aller (damals neu hinzugekommenen) Stadtteile im Gemeinderat sicherzustellen. Sie diente daher als Instrument, im Rahmen des Integrationsprozesses die Eingliederung kleinerer Stadtteile in eine größere Einheit zu erleichtern.
Die unechte Teilortswahl ist vom Gesetzgeber als ”Übergangslösung” gedacht, um die Integration dieser Stadtteile auch auf kommunalpolitischer Ebene in eine Gesamtstadt zu ermöglichen. Daher wird dem Gemeinderat in § 27 Abs. 5 der Gemeindeordnung die Möglichkeit eingeräumt, die unechte Teilortswahl durch eine Änderung der Hauptsatzung aufzugeben.
Seit den 80erJahren steigt auch die Zahl der Gemeinden, die die unechte
Teilortswahl aufheben. Zwischenzeitlich überwiegt die Zahl der Gemeinden ohne unechte Teilortswahl deutlich.
Die Zahl der Gemeinden mit unechter Teilortswahl ist seit 1989 von
61% auf 44% im Jahr 2009 zurückgegangen (483 von 1.101 Gemeinden).
Im Jahr 2014 kann die Gesamtstadt Brackenheim ihr 40jähriges Bestehen feiern. Nach rundvier Jahrzehnten ist deutlich erkennbar, dass die Integration der Stadtteile weit fortgeschritten ist. Nach dem Motto ”Acht Teile, ein Ganzes“ sind in vier Jahrzehnten acht ehemals selbständige Stadtteile zu einer Gesamtstadt Brackenheim zusammengewachsen, ohne dass die kulturellen und gesellschaftlichen Besonderheiten der einzelnen Stadtteile verwässert wurden. Nach der Leitlinie ”dezentral so viel wie möglich, zentral so wenig wie
nötig“, verfügt jeder Stadtteil zudem über eine angemessene dezentrale Infrastruktur (Grundschulen, Kindergärten, Sportstätten, Hallen, etc.)
Dieses Zusammenwachsen wird auch durch eine Umfrage in Brackenheim im Rahmen der BachelorArbeit einer Studentin der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Kehldokumentiert. So sehen sich rund 86% der Mitglieder des Gemeinderats nicht etwa in erster Linie als Vertreter(in) des jeweiligen Stadtteils, sondern fühlen sich vielmehr dem Wohl der Gesamtstadt verpflichtet. Rund 81% der Mitglieder des Gemeinderats gehen außerdem
davon aus, dass die Stadtteile heute in die Gesamtstadt Brackenheim vollständig integriert sind.
Gemeinderat und Verwaltung halten es daher für an der Zeit, im Hinblick auf die
Kommunalwahl 2019 eine ergebnisoffene Diskussion über die Zukunft der unechten Teilortswahl zu führen. In nichtöffentlichen Vorberatungen des Gemeinderats legte das Gremium ebenso wie die Verwaltung einen großen Wert darauf, dieses Thema offen und transparent zu diskutieren. Daher soll es in den Frühjahrssitzungen der Gesprächskreise im Jahr 2013 angesprochen werden, um eine entsprechende Rückmeldung aus den einzelnen Stadtteilen zu erhalten.
Eine Entscheidung über die Zukunft der unechten Teilortswahl soll
nach Auffassung des Gremiums erst im Anschluss an die Kommunalwahl 2014 getroffen werden.
Wie die meisten Angelegenheiten, gibt es triftige Argumente, die sowohl für eine
Beibehaltung als auch für eine Aufhebung der unechten Teilortswahl.
Die einzelnen Argumente gilt es nun in den kommenden Jahren abzuwägen, um zu einer Entscheidung zu kommen.
Im Folgenden sollen nun die einzelnen Argumente zusammengestellt werden.
1. Pro unechte Teilortswahl
Gesprächskreis abgeschlossen. Sie sieht die Beibehaltung der unechten Teilortswahl ohne zeitliche Befristung vor. Der Gemeinderat hat dieser Vereinbarung im Jahr 2008 zugestimmt.
Rechtlich könnte durch ein entsprechendes Votum des städtischen Gremiums diese
Vereinbarung in Teilbereichen demnach auch wieder aufgehoben werden. Unbestreitbar
handelt es sich bei einer Entscheidung in diesem Punkt nicht um eine rechtliche, sondern um
eine moralische Frage.
2. Contra unechte Teilortswahl
Stimmen aufgrund des komplizierten Wahlverfahren reihenweise ungültig oder verschenkt
werden und somit das Wahlergebnis verzerrt wird.
Gerade in Zeiten der Politikverdrossenheit dürfen außerdem die Auswirkungen eines
komplizierten Wahlsystems nicht auf die leichte Schulter genommen werden. So weist die
Wahlbeteiligung im Brackenheim eine fallende Tendenz auf (1999: 55,8%; 2004: 52,2%;
2009: 51,9%)
Vertretungsgewichte zu Gunsten der größeren Wohnbezirke. So entfallen auch in
Brackenheim vier von fünf Ausgleichssitzen auf Vertreter(innen) der Kernstadt.
1. Die Diskussion über die Beibehaltung bzw. möglichen Aufhebung der unechten
Teilortswahl soll ergebnisoffenen im Frühjahr 2013 in den Gesprächskreisen geführt
werden.
2. Die Verwaltung wird über die Rückmeldungen der einzelnen Gesprächskreise Bericht
erstatten.
3. Eine Entscheidung über eine mögliche Aufhebung fällt der Gemeinderat erst nach der Kommunalwahl 2014.
Views: 250